Thema:
Ausgangssituation:
- Eisen-behaftete Motoren (z.B. EC-i, EC flat, EC frameless, IDX) werden mit einer Motorsteuerung (z.B. ESCON) im Stromregler-Betrieb mit konstantem Motorstrom betrieben.
- Beim Berühren der Motorwelle oder Messen des Abgabemoments fallen insbesondere bei tiefen Drehzahlen sich wiederholende markante "Drehmomenteinbrüche" innerhalb jeder Motorumdrehung auf obwohl ein konstanter Motorstrom fliesst.
- Auch beim stromlosen Motor und manuellen Drehen der Welle scheint diese "bevorzugte" Rotorpositionen mit etwas Haltemoment einzunehmen.
Beispiel:
- Beobachtung & Kundenrückmeldung:
"Beim Test des "EC fameless 45 flat" (Art.Nr.: 574404) kann man Drehmomenteinbrüche oder bevorzugte Rotorpositionen ungefähr alle 10 Grad spüren."
Fragen:
- Was ist die Ursache der spürbaren "Drehmomenteinbrüche" bzw. bevorzugten Rotorpositionen bei einem eisenbehafteten EC-Motor?
- Welche Einflüsse hat die Motorsteuerung?
Lösung:
Der "EC frameless" wie alle eisen-behafteten Motoren (z.B. EC-flat, EC-i, oder IDX) haben ein so-genanntes Rastmoment (engl.: "Detent torque" oder "Cogging torque"), welches an definierten Rotorpositionen auftritt. Die Rasterung hängt hierbei von der Polpaarzahl und der Anzahl Statorzähne ab.
Rastmoment
- Das "Rastmoment" ist ein Moment, welches beim stromlosen Motor auftritt bzw. benötigt wird um den Rotor aus seinen bevorzugten Lagen (= "Rastpositionen") zu bewegen.
- Die Periodizität des Rastmoment entspricht dem "kleinsten gemeinsamen Vielfachen" (engl.: "LCM- least common multiple") der Anzahl Rotorpole und Statorzähne.
- Wenn der Motor bestromt ist, addiert sich das Rastmoment zu dem elektrodynamisch erzeugten Drehmoment.
- Die Auswirkungen des Rastmoments können in den folgenden Fällen gut "erfühlt" oder beobachtet werden:
- Manuelles Bewegen der Motorwelle (= Rotor) im stromlosen Zustand (d.h. ohne angeschlossene Motorwicklungen oder bei inaktiver Leistungsendstufe). Es entsteht dann das Gefühl von "Einrastungen" in bevorzugten Rotorstellungen.
- Stromregelung auf einen konstantem Motorstrom. In diesem Fall können repetitive kleine Drehmomenteinbrüche bei drehender Motorwelle gefühlt und gemessen werden.
- Drehzahlregelung / -steuerung mit sehr tiefer Solldrehzahl (z.B. weniger als 5 U/Min). Die Drehzahlregelung reagiert auf kleine Drehzahleinbrüche an den Rastpositionen und versucht diese durch eine kurze Anpassung des Motorstroms auszuregeln um die vorgebenene Soll-Drehzahl wieder zu erreichen. Die Regler-Taktfrequenz wie auch die Geber-Auflösung (zur Drehzahlmessung) sind hierbei wichtige Einflussfaktoren wie stark Rasteffekte durch einen Anwender wahrgenommen werden können. Bei Drehzahlen unter 1-2 U/Min kann sich eine schrittweise (statt kontinuierliche) Bewegung zeigen.
- Das Rastmoment kann nicht einfach durch die Motorsteuerung kompensiert werden, da es sehr motorspezifisch unterschiedlich ausgeprägt ist. Auch der Einsatz einer "FOC / Sinus-Kommutierung" (wie bei einer EPOS4 plus Encoder) führt noch nicht zu einer Rastmoment-Kompensation. "Sinus-Kommutierung" und "Rastmoment-Kompensation" sind unterschiedliche Themenfelder der Motorstromregelung.
- maxon Motorsteuerungen bieten standardmässig keine "Rastmomentkompensation". Eine solche Lösung müsste / kann als kundenspezifische Variante auf den verwendeten Motor abgestimmt werden.
Beispiel: "EC frameless 45 flat" (Art.Nr. 574404)
Der "EC frameless 45 flat" (Art.Nr. 574404) hat 12 elektrische Pole and 16 magnetische Pole (= 8 Polpaare). Das kleinste gemeinsame Vielfache dieser zwei Werte ist 48. Hieraus leitet sich eine Winkeldistanz von 7.5° (= 360°/48) zwischen den Rastpositionen ab. Dies entspricht sehr gut der anfangs erwähnten Beobachtung, dass die "Drehmomenteinbrüche oder bevorzugte Rotorpositionen ungefähr alle 10 Grad auftreten".
Falls der Motor im Stromreglerbetrieb mit konstantem Motorstrom betrieben wird, muss das elektrodynamisch erzeugte Motormoment bei den Rotor-Rastpositionen jeweils auch dazu aufgewandt werden um diese "Einrastung" wieder zu überwinden. Dies fühlt sich bezogen auf das an der Motorwelle abgegebene Moment dann wie kurze Drehmomenteinbrüche alle 7.5° an.
Ergänzende Hinweise:
Block Kommutierung -> Drehmoment-Rippel
Die ESCON nutzt die so-genannte "Block-Kommutierung" (wie im Video "Block-Kommutierung mehrpoliger EC-Motoren" aufgezeigt). Unter der Annahme, dass der Motorstrom über das ganze Kommutierungsintervall konstant bleibt und die Kommutierung zum exakt richtigen Zeitpunkt erfolgt, führt die Block-Kommutierung führt zu einem Rippel von 14% des elektrodynamisch erzeugten Drehmoments.
Anmerkungen:
- Der "Drehmoment-Rippel" ist ein zusätzlicher Effekt und unabhängig von dem zuvor erläuterten Rastmoment.
- Der "Drehmoment-Rippel" wird durch die Block-Kommutierung erzeugt und ist in dieser Kommutierungsart bei jedem EC-Motor vorhanden (unabhängig davon ob ein eisenloser oder eisen-behafteter EC Motor im Einsatz ist).
- Theoretisch tritt bei Motoren mit Encoder und einer Motorsteuerung (wie maxon's EPOS4) mit sogenannter Sinus-Kommutierung oder "FOC - Field oriented control" kein "Drehmoment-Rippel" auf. In der Praxis wird sich auch hier ein sehr kleiner Drehmoment-Rippel aufgrund von Toleranzen der Hallsensoren und Motorwicklung zeigen.
Weitere Details bei der Nutzung einer "Sinus-Kommutierung" finden sich in diesen Support Center Dokumenten: - Durch die Verwendung einer "FOC oder "Sinus-Kommutierung" kann nur der Drehmoment-Rippel eliminiert werden, aber der ursprünglich erläuterte Effekt des Rastmoments nicht kompensiert werden.
Regler Tuning -> Zwingend!
Obwohl auch das "Regler-Tuning" den "Rastmoment"-Effekt nicht lösen kann, so ist es doch zwingend notwendig um das bestmögliche Reglerverhalten zu erzielen, d.h. eine hohe Dynamik um schnell auf einbrechende Motordrehzahlen (z.B. aufgrund des Rastmoments oder äusserer Kräfte) reagieren zu können. Das Regler-Tuning kann sehr einfach mit dem automischen "Regulation Tuning" Wizard (= Installationsassistent) von ESCON Studio oder EPOS Studio ausgeführt werden.
Wichtig:
Die Stromegelung als unterlagerter Regelkreis ist bei aktivierter (= "Enable") Leistungsendstufe immer aktiv, unabhängig ob eine übergeordnete Drehzahl- oder Positionsregelung verwendet wird und auch unabhängig welche Betriebsart konfiguriert ist. Das "Regulation Tuning" des Stromregler (= "Current control") ist deshalb zwingend notwendig und darf nicht "vergessen" werden.
Zusammenfassung:
Das Rastmoment ...
- ... hängt von dem Motortyp und dessen Aufbau ab.
- ... zeigt sich als leichte, kurze Einbrüche des abgegebenen Drehmoments an bestimmten Rotor-Positionen wenn ein eisen-behafteter Motor mit konstantem Motorstrom (mit einem Stromregler) betrieben wird.
- ... wird hauptsächlich in den folgenden Situationen wahrgenommen:
- Bei sehr tiefen Drehzahl (kleiner als 10 U/Min) als Drehzahlschwankungen
- Bei manueller Drehung der Motorwelle von Hand (ohne angeschlossene Spannung) als "Einrastungen" an bestimmten Rotor-Positionen.
- ... kann nicht einfach durch die Motorsteuerung kompensiert werden.
- ... ist unabhängig vom Kommutierungstyp, d.h. wird als motorspezifischer Effekt sowohl bei Block- wie auch Sinus-Kommutierung (bzw. "FOC - Field Oriented Control") beobachtet.
Der Drehmoment-Rippel ...
- ist durch die Kommutierungsart der Motorsteuerung bedingt:
- Bei einer Block-Kommutierung tritt als zusätzlicher überlagerter Effekt ein Drehmoment-Rippel von 14% auf.
- Bei einer Sinus-Kommutierung tritt theoretisch kein "Drehmoment-Rippel" auf. In der Praxis wird ein sehr kleiner Drehmomentrippel (von wenigen Prozent) aufgrund von Hallsensor- und Wicklungstoleranzen messbar sein.
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