Thema:
- Welche Schritte müssen bei der Erstinbetriebnahme eines IDX oder EPOS4 (oder im Falle eines Motor- oder Steuerungsersatz) ausgeführt werden?
Lösung:
Es ist eine Grundvoraussetzung, dass bei IDX-Motoren mit integrierter Motorsteuerung (d.h. "IDX ... IO", "IDX ... CO", "IDX ... ET" Produktvarianten) oder der "EPOS4" die System- und Motordatenkonfiguration bei der Erstinbetriebnahme mit maxon's "EPOS Studio" durchgeführt wird.
Das notwendige "EPOS Setup" Installationspaket (2GB) ist frei verfügbar und kann über den Button "Download EPOS Setup" ganz unten auf der Website http://epos.maxongroup.de heruntergeladen werden.
Die beiden folgenden wesentlichen "EPOS Studio" Wizards (= Installationsassistenten) müssen während der Erstinbetriebnahme nacheinander ausgeführt werden:
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"Startup" Wizard
Mit dem "Startup" Wizard werden die Grunddaten des Antriebssystems und begrenzende Anwendungsfaktoren schrittweise konfiguriert.
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"Regulation Tuning" Wizard
Das "Regulation Tuning" muss nach dem "Startup" Wizard ausgeführt werden, bevor der geregelte Motorbetrieb möglich ist.
Ergänzend finden sich unter den folgenden Links verschiedene (englisch-sprachige) Training-Videos für die Erstinbetriebnahme mit den beiden Wizards:
- EPOS Studio: Getting started
- EPOS Studio: Startup wizard (DC motor)
- EPOS Studio: Startup wizard (EC motor)
- EPOS Studio: Regulation tuning (Auto tuning)
Ergänzender Hinweis: EC-frameless + TSX-MAG
Bei EC-frameless "DT" Motoren mit "TSX MAG"-Geber ist darauf zu achten, dass Rotor und Stator zueinander passen. Diese Komponenten werden bei der Produktion aufeinander abgestimmt (= "gepaart") und erhalten eindeutige IDs. Diese IDs und Laufnummern, die auf Rotor und Stator aufgedruckt sind, müssen identisch sein. Andernfalls funktioniert die "Regelabstimmung" und der Motorbetrieb nicht einwandfrei.
Weitere Details finden Sie in diesem verlinkten Support Center Dokument:
-> EC-frameless "DT" + "TSX-MAG": Fehlfunktion durch falsche "Paarung"!
1.) Startup wizard
Mit dem "Startup" Wizard müssen die Grunddaten des Antriebssystems (= Motor, Getriebe, Encoder) und begrenzende Anwendungsfaktoren (z.B. Maximaldrehzahlen und Beschleunigungen) schrittweise konfiguriert werden bevor das "Regulation Tuning" und der geregelte Motorbetrieb möglich ist.
Bitte beachten Sie hierbei die korrekte (d.h. auf Ihr System abgestimmte) Konfiguration von Parametern, auch wenn diese nachfolgend nicht explizit genannt sind. Die nachfolgende Information nennt nur einige der wichtigsten Parameter. Beachten Sie jedoch ebenfalls, dass alle anderen Konfigurationen des "Startup" Wizards den verwendeten Systemkomponenten und Anwendungsanforderungen entsprechen.
Motor-Konfiguration:
Es ist wichtig, dass der Motortyp (-> "Motor type"), der Motor-Nennstrom (-> "Nominal current") und die "Thermische Zeitkonstante der Wicklung" (-> "Thermal time constant winding") entsprechend dem Motordatenblatt korrekt konfiguriert werden. Diese Parameter werden zwingend für den Überlast-Schutz der Motorwicklung auf Basis der sogenannten "I2t Begrenzung" benötigt. In den beiden folgenden verlinkten Support Center Dokumenten finden sich weitere Informationen zur I2t-Begrenzung:
- maxon Steuerungen: I2t-Limitierung & Motorwicklungsschutz
- EPOS4 / IDX: Was ist die Bedeutung und Auswirkung der I2t Begrenzung?
Beachten Sie auch die korrekte Konfiguration der "Polpaarzahl" (-> "Number of pole pairs") von EC-Motoren, die sich ebenfalls im Motordatenblatt findet.
Das Motordatenblatt spezifiziert auch eine "Grenzdrehzahl", allerdings ist dieser Wert im Datenblatt auf das mechanische Motor-Limit (durch die Motorlager und Wicklung) bezogen. In Abhängigkeit von der Versorgungsspannung kann diese Grenzdrehzahl häufig gar nicht erreicht werden und ist in der Anwendung auch gar nicht erforderlich. Bitte konfigurieren als "Max speed" den Drehzahlwert, welcher in der konkreten Anwendung maximal benötigt wird und aufgrund der Versorgungsspannung auch effektiv erreicht werden kann. In dem folgenden Support Center Dokumenten finden sich hierzu ergänzende Informationen:
- ESCON / EPOS: Wie wird "Max. speed" korrekt konfiguriert?
- Abhängigkeit der Versorgungsspannung der Steuerung von der Nennspannung des Motors?
- Welche Versorgungsspannung ist bei einer Steuerung erforderlich?
Spezialfall: IDX
Die Parameter "Motor type", "Thermal time constant winding" und "Number of pole pairs" sind bei IDX mit integrierter Motorsteuerung vorkonfiguriert und können nicht geändert werden. Alle anderen Parameter sind ebenfalls vorkonfiguriert, aber müssen eventuell angepasst werden (wie z.B. "Max speed", "Following error window", "Max acceleration, ...).
Encoder Konfiguration:
Bitte überprüfen und stellen Sie sicher, dass der oder die verwendeten Encoder und deren Auflösung korrekt konfiguriert sind.
Bei Inkremental-Encodern muss insbesondere der Encoder-Typ (-> "Type") und die Auflösung (-> "Number of pulses") korrekt konfiguriert sein um falsche Drehzahlen, Positionierungen, sowie Encoder- und Hallsensorfehlermeldungen im Betrieb zu vermeiden. Alle hierfür notwendigen Informationen finden sich im Encoder-Datenblatt:
Bei SSI Absolutgebern müssen die Daten ebenfalls anhand des Datenblatts konfiguriert werden. Insbesondere die korrekte Konfiguration der "Special bits leading", Multi-turn bits", "Single-turn bits" und "Special bits trailing" ist für eine korrekte Positionsauswertung zwingend.
Weitere Hinweise zur Konfiguration für SSI Absolutgeber finden sich hier in dem folgenden Support Center Dokument:
Spezialfall: IDX
IDX mit integrierter Motorsteuerung besitzen einen integrierten Encoder. Dessen Paramater sind vorkonfiguriert und können nicht angepasst werden.
Grenzwerte / "Limits":
Bitte achten Sie darauf im Zweig "Limits" des "Startup" Wizards die Parameter "Maximale Beschleunigung" (-> "Max acceleration") und "Max. Schleppfehler" (-> "Following error window") sinnvoll zu konfigurieren.
"Max acceleration" sollte so konfiguriert werden, dass die Antriebseinheit (in Abhängigkeit von Motordaten, maximalem Motorstrom, mechanischen Begrenzungen und der Last, etc.) der konfigurierten Beschleunigung wirklich folgen kann und auch bei maximaler Beschleunigung keine Gefahr der Beschädigung oder Überlastung von mechanischen Komponenten (z.B. durch zu hohe Drehmomente am Getriebeeingang oder nachfolgender Mechanik) besteht.
- Falls eine SPS die Bahnberechnung (= "Trajectory Generation") ausführt und die EPOS4 oder den IDX im so-genannten "CSP - Cyclic Synchronous Position" oder "CSV - Cyclic Synchronous Velocity" Mode kommandiert, wird "Max acceleration" typischerweise auf den Maximalwert (= 4294967295 rpm/s) konfiguriert. Es wird hierbei davon ausgegangen, dass die SPS bzw. deren Motion Control Library und Anwendungsprogramm nur korrekte Beschleunigungs- und Bremsrampen bei der Bahnberechnung zugrunde legt und die EPOS4 oder IDX entsprechend kommandiert. Die Verantwortung für realistische Beschleunigungswerte liegt somit bei der SPS Konfiguration und dem Anwendungsprogramm.
- Falls die EPOS4 oder IDX in der "PPM- Profile Position Mode" und "PVM - Profile Velocity Mode" Betriebsart betrieben wird (d.h. das Bewegungsprofil selbstständig berechnet), werden als "Max acceleration" typischerweise Werte im Bereich von einigen 10000 rpm/s bis einigen 100000 rpm/s konfiguriert.
Der maximale Schleppfehler (= "Following error window") sollte auf die Auflösung des Encoders auf der Motorwelle konfiguriert werden. Die folgende Daumenregel kann hierbei zugrunde gelegt werden:
-
"Following error window" = 1 ... 4 mal Encoder-Increments pro Motorwellenumdrehung
d.h.-
Inkremental-Encoder:
"Following error window" = 4 ... 16 x Encoder's "cpt." Wert
(cpt. = "counts per turn" = "Schritte pro Umdrehung")
z.B.: Encoder mit 500 cpt.
=> "Following error window" = 2000 ... 8000 inc. -
Absolutgeber:
"Following error window" = 1 ... 4 x 2^n
n = Konfigurierter "Single-turn position" Bitzahl des Absolutgebers
z.B. Absolutgeber mit 14 bit "Single-turn position"
=> "Following error window" = 16384 ... 65536 inc.
-
Inkremental-Encoder:
Spezialfall: IDX
Der Vorgabewert der IDX "Following error window" Konfiguration is häufig zu tief eingestellt, insbesondere falls ein hochauflösender Encoder (wie z.B. der EMT Absolutgeber) intern vorhanden ist. Bitte setzen Sie das "Following error window" des IDX entsprechend intern verwendetem Encoder-Typ und Encoder-Auflösung (z.B. beim EMT Absolutgeber: "Following error window" = mind. 16384 inc).
Allgemeiner Hinweis:
Falls das "Following error window" zu tief eingestellt und die kommandierte Beschleunigung sehr hoch ist, kann bereits beim Bewegungsstart ein "Following error" (0x8611) auftreten.
2.) Reglerparameter-Optimierung: Regulation tuning
Nachdem alle Konfigurationsschritte mit dem "Startup" wizard ausgeführt und dieser abschliessend mit dem "Finish" Button beendet wurde, muss das "Regulation tuning" ausgeführt werden.
Current control (= Stromregler) Tuning:
Der Stromregler (= Current control) ist der unterlagerte Regler von allen(!) anderen Reglerkreisen, d.h. der Stromregler ist immer aktiv unabhängig davon welche Betriebsart später genutzt wird.
Wichtig:
- Das Stromregler-Tuning (= "Current control" tuning) muss zwingend zuerst(!) ausgeführt werden (d.h. optimierte Stromregler-Parameter müssen vorhanden sein) bevor das Tuning anderer Reglerkreise ausgeführt werden!
Hinweis:
- Die an der Motorwelle angeschlossene Last oder auch freie Bewegung der Motorwelle hat keine Relevanz bei dem Tuning der Stromregler-Parameter. Eine blockierte Motorwelle führt sogar oft zu den besten Ergebnissen.
Mit dem Drücken des "Next" Buttons muss nach Abschluss des "Stromregler"-Tuning mit dem Tuning des Drehzahl- und Positionsreglerkreises fortgefahren werden.
Spezialfall: IDX
Bei dem IDX mit integrierter Motorsteuerung sind die Stromregler-Parameter vorkonfiguriert. Es besteht deshalb keine Notwendigkeit diese Parameter anzupassen. Das "Current control" Tuning wird beim IDX "Regulation Tuning" Wizard gar nicht angeboten, d.h. es kann direkt mit dem "Velocity" und "Position" Regler-Tuning" gestartet werden.
Velocity und Position control (= Drehzahl- und Positionsregler) Tuning:
Wichtig:
-
Die Motorwelle muss sich beim Drehzahl- und Positionsregler Tuning frei (d.h. ohne Wegbegrenzung) bewegen können!
- Die Motorwelle darf NICHT blockiert werden!
Es muss sichergestellt werden, dass kein mechanischer Endanschlag oder Endschalter während der oszillierenden Tuning-Bewegung erreicht wird. Es darf keine Kollision mit anderen Antrieben oder deren Mechanik auftreten können. - Es darf keine Gefährdung von Personen im Bewegungsbereich vorhanden sein!
Für die schnelle Abschaltung im Gefahrenfall muss ein Notstop in der Versorgungsleitung vorhanden sein!
- Die Motorwelle darf NICHT blockiert werden!
- Die optimalen Drehzahl- und Positionsregler-Parameter werden durch die angetriebene Last beeinflusst.
- Idealerweise sollte das Drehzahlregler- und Positionsregler-Tuning bei identischen Lastverhältnissen, wie in der späteren Anwendung im Betrieb vorhanden, ausgeführt werden insbesondere bei einem Direktantrieb (d.h. ohne Getriebe).
- Falls bei einem Antriebssystem (z.B. aufgrund von Bewegungsbegrenzungen) kein Tuning mit angekoppelter Mechanik oder Last möglich ist, können bei Motorkombinationen mit einem 2- oder mehrstufigen Getrieben häufig auch ohne Last bereits zufriedenstellende Reglerparameter ermittelt werden.
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