Thema:
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Welche Bedeutung oder Auswirkung hat der spezifizierte untere Wert von "Temperatur - Betrieb" bei Motorsteuerungen (oder Elektronik im Allgemeinen)?
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Was geschieht, wenn die Umgebungstemperatur des Systems niedriger ist als der für die Motorsteuerung angegebene Wert bei "Temperatur - Betrieb" (von z. B. -30 °C bei den meisten maxon Motorsteuerungen)?
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Wird der untere Temperaturgrenzwert durch einen Temperatursensor überprüft, der einen Fehlerzustand auslöst?
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Kann der angegebene untere Temperatur-Grenzwert durch eine Firmware-Änderung noch weiter gesenkt werden?
Grundlagen:
Die spezifizierte untere Temperaturgrenze der maxon-Steuerungen (typ. -30°C) wird nicht von einem Sensor überprüft und führt auch zu keiner Fehlermeldung. Bei Unterschreitung des Temperatur-Grenzwerts muss jedoch mit einer Fehlfunktion gerechnet werden, die dadurch entsteht, dass einige elektronische Bauteile unterhalb der spezifizierten Temperaturgrenze nicht mehr zuverlässig arbeiten. Eine solche "Fehlfunktion" kann typischerweise beobachtet werden, wenn die Motorsteuerung nach einer gewissen Zeit des Ausschaltens und einer Umgebungstemperatur unterhalb ihres spezifizierten Grenzwerts von "Temperatur - Betrieb" eingeschaltet wird. Die Motorsteuerung (bzw. deren Prozessor) wird dann meist nicht mehr aufstarten. Es ist in diesem Zustand auch keine Anzeige eines Fehlerzustands oder Kommunikation möglich. Die Motorsteuerung erscheint "tot".
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Der spezifizierte untere Grenzwert bei "Temperatur - Betrieb" -Grenze ist auf den zulässigen Temperaturbereich der elektronischen Bauteile zurückzuführen. Unterhalb dieser Temperaturgrenze kann nicht mehr von einem (korrekten) Betrieb der Elektronik ausgegangen werden.
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Elektronische Bauteile (z.B. Quarz, DC/DC-Wandler, Prozessoren, ...) funktionieren unterhalb ihrer spezifizierten Temperaturgrenze (die für elektronische Standardbauteile und die meisten Prozessoren typischerweise bei -30 °C liegt) nicht mehr zuverlässig oder gar nicht mehr.
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Ein typisches Problem ist, dass der Quarz möglicherweise nicht mehr startet, d. h. in der Folge sind auch alle anderen getakten Bauteile (wie der Prozessor) nicht funktionsfähig, d.h. es ist auch keine Fehler- oder Statusanzeige und prinzipiell keine Datenverarbeitung, Regelung und Kommunikation möglich. Die Motorsteuerung erscheint im wahrsten Sinn des Wortes "eingefroren".
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Falls eine Temperaturgrenze von -30°C spezifiziert ist, kann die "Fehlfunktion" oder Blockade beim Starten der Elektronik bei -31°, -32°, -35° oder jeder niedrigeren Temperatur auftreten.
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Die Fehlfunktion ist nicht an einen bestimmten präzisen Temperaturwert gebunden. Sie hängt auch von den Toleranzen der Komponenten ab.
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Die korrekte Funktion der Motorsteuerung unterhalb der spezifizierten unteren "Temperatur - Betrieb" ist nicht mehr gewährleistet.
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Bei einer spezifizierten Tieftemperaturgrenze von -30°C wird der Regler in der Praxis typischerweise bei -35° oder spätestens bei -40°C ausfallen. Dies ist kann jedoch auch schon bei -31°C der Fall sein. Der einzige "sichere" Betriebsbereich liegt somit bei -30°C oder wärmer.
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Es gibt keine Möglichkeit eine existierende Motorsteuerung nachträglich für eine tieferen Temperaturbereich (z.B. -40°C statt -30°C) zu spezifizieren. Jede tiefere Temperaturanforderung bedeutet ein Redesign der kompletten Elektronik und die Verwendung spezieller Komponenten, die für den Betrieb bei sehr tiefen Temperaturen (z.B. -45°C) ausgelegt sind.
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Es gibt nur eine recht begrenzte Auswahl an Komponenten für den Betrieb bei sehr tiefenn Temperaturen. Die meisten elektronischen Bauteile und Kunststoffe (z.B. von Steckern oder LEDs) sind für -30°C ausgelegt.
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Insbesondere Kunststoffe von Steckern und LEDs oder DIP-Schaltern, aber auch die Gehäuse von elektronischen Bauteilen werden bei niedrigen Umgebungstemperaturen spröde, d.h. auch diese Bauteile fallen aus, wenn sie über einen längeren Zeitraum sehr tiefen Temperaturen ausgesetzt sind.
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Wenn niedrigere Umgebungstemperaturen als -30°C vorhanden sind, müssen häufig spezielle Steuerungen und elektronische Komponenten eingesetzt werden, die auf "militärischen" Spezifikationen basieren. Die Auswahl an solchen Bauteilen ist sehr viel begrenzter und der Preis ist viel höher als bei Standard-Katalogprodukten.
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Zusammenfassung:
Der spezifizierte untere Grenzwert von "Temperatur - Betrieb" kann nicht(!) durch eine Parameterkonfiguration oder Firmware-Anpassung weiter nach unten verschoben werden. Eine solche Anforderung bedeutet ein neues angepasstes Elektronik-Design und den Einsatz spezifischer Elektronik-Komponenten für den geforderten tieferen Temperaturbereich.
Tipps aus der Praxis:
Falls die Umgebungstemperatur unter -30°C liegt, die Elektronik aber nur für den Betrieb bei -30°C ausgelegt ist, sollte die Motorsteuerung (z.B. ESCON oder EPOS4) vor dem Einschalten leicht auf ihren spezifizierten Tieftemperaturbereich aufgeheizt werden. Dies könnte durch eine umhüllende Heizmatte möglich sein.
- Nachdem das Hochfahren gut funktioniert hat (z.B. aufgrund einer "externen" Erwärmung), arbeitet die Elektronik in den meisten Fällen weiter, auch wenn die externe Heizung deaktiviert ist. Die von den elektronischen Bauteilen während des Betriebs erzeugte Wärme reicht oft aus, um diese "am Leben" zu erhalten, auch wenn die Umgebungstemperatur weiterhin um 5 - 10°C unter dem in der Steuerungsspezifikation angegebenen unteren Grenzwert "Temperatur - Betrieb" liegt.
- Bei tiefen Temperaturen oder stark schwankenden Umgebungstemperaturen kann kondensierende Luftfeuchtigkeit an warmen Bauteilen (= Elektronik) auftreten und zu Kurzschlüssen oder Fehlfunktionen führen. In diesem Fall ist eine Schutzbeschichtung der Elektronik erforderlich, um das Risiko von Kurzschlüssen durch (kondensierende) Luftfeuchtigkeit zu verringern.
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