Thema:
- Welche Drehzahlgenauigkeit kann bei Motorsteuerungen erreicht werden?
- Wie kann die Drehzahlgenauigkeit und -stabiltät verbessert werden?
Lösung:
Die Drehzahlgenauigkeit und -stabilität hängt von einer Vielzahl von Systemparametern und Einflussfaktoren ab. Es ist deshalb schwierig eine konkrete Angabe zu machen. Im Falle einer Motorregelung mit Encoder-Feedback sollte es möglich sein eine Drehzahlgenauigkeit von 1 U/Min oder sogar besser zu erreichen. Es ist jedoch wichtig die Faktoren zu kennen und zu verstehen, welche bei der konkreten Anwendung und Systemumgebung den grössten Einfluss haben und eventuell sogar einfach verbessert werden können.
- Auflösung des Feedback Sensors
Für die Drehzahlmessung benötigt die Motorsteuerung einen Feedback Sensor (z.B. Encoder) um die IST-Drehzahl auf die SOLL-Drehzahl zu regeln.
Hinweise:- Für eine optimale Regelung muss der Feedback Sensor eine steife, spielfreie Verbindung zur Motorwelle besitzen. Am besten wird eine Motorkombination mit integriertem Encoder gewählt.
- Umso höher die Auflösung des Feedback Sensors in Bezug zur Motorwelle ist umso genauer ist die Drehzahlmessung möglich und umso besser ist die Drehzahlregelung. Es wird deshalb empfohlen einen auf der Motorwelle montierten Encoder mit mindestens 500 Strichen (= 500 cpt) zu verwenden.
(Siehe auch im Artikel: "Encoder Auswahl") - Ein rein Hallsensor basierende Regelung bietet nur eine sehr schlechte Auflösung:
Hallsensor-Auflösung pro Motorwellen-Umdrehung = 6 x Polpaarzahl des Motors.
Diese Auflösung ist unzureichend für die Regelung tiefer Drehzahlen. Als Daumenregel zur Abschätzung der minimalen Drehzahl bei einer Hallsensor basierenden Regelung gilt:
Minimale Drehzahl = 1000 U/Min / Polpaarzahl des Motors.
-
Rastmoment des Motors
"High Torque" EC flat oder EC-i Motoren weisen ein Rastmoment auf, welches zu Drehzahlschwankungen innerhalb einer elektrischen Wellen-Umdrehung führen können.
Hinweis:- Es wird die Verwendung eines Encoders (typ. 500 - 2000 cpt.) und einer Motorsteuerung (wie die maxon ESCON, EPOS, oder MAXPOS Produktreihen) mit einem hohen Reglertakt und fortschrittlichen Regleralgorithmen empfohlen, um eine gute Konstanz auch bei niedrigen Drehzahlen zu erreichen. Eine Sinuskommutierung (wie bei der EPOS und MAXPOS Produktreihe) ist ebenfalls ein wesentlicher Pluspunkt, der das Motorverhalten bei hohen Rastmomenten und sehr tiefen Drehzahlen verbessert.
- Es wird die Verwendung eines Encoders (typ. 500 - 2000 cpt.) und einer Motorsteuerung (wie die maxon ESCON, EPOS, oder MAXPOS Produktreihen) mit einem hohen Reglertakt und fortschrittlichen Regleralgorithmen empfohlen, um eine gute Konstanz auch bei niedrigen Drehzahlen zu erreichen. Eine Sinuskommutierung (wie bei der EPOS und MAXPOS Produktreihe) ist ebenfalls ein wesentlicher Pluspunkt, der das Motorverhalten bei hohen Rastmomenten und sehr tiefen Drehzahlen verbessert.
- Trägheitsmoment der Last
Bei einem hohen Trägheitsmoment der Last (z.B. bei Zentrifugen oder direkt auf der Motorwelle angetriebenen Scheiben) und schneller Beschleunigung oder Abbremsung treten hohe Drehmomente und Motorströme auf. Falls die Leistungsendstufe der Motorsteuerung oder die Stromversorgung hierbei an die Stromgrenzen stösst, können starke Schwingungen der Drehzahl auftreten.
Hinweise:
- Im Falle von starkem Schwingen der Drehzahl die konfigurierten Werte Beschleunigungs- und Bremsrampen reduzieren.
- Einen leistungsstärkeren Motor, Leistungsendstufe und Stromversorgung einsetzen.
- Die hohe Rückspeise-Energie im Falle der Abbremsung (= generatorischer Betrieb) beachten und geeignete Massnahmen vorsehen.
(Siehe auch im Artikel: "Massnahmen bei Energierückspeisung") - Anmerkung:
Das Trägheitsmoment der Last kann auch dazu beitragen um Drehzahlschwankungen bei konstanter Bewegung entgegen zu wirken.
- Schwankungen der Last
Falls das Lastprofil (z.B. bei Pumpen) starke Schwankungen während eines Bewegungszyklus aufweist, kann dies zu kurzzeitigen Drehzahlabweichungen führen.
Hinweis:- Es wird die Verwendung eines Encoders (typ. 500 - 2000 cpt.) und einer Motorsteuerung (wie die maxon ESCON, EPOS, oder MAXPOS Produktreihen) mit einem hohen Reglertakt und fortschrittlichen Regleralgorithmen empfohlen, um sehr schnell auf Lastschwankungen zu reagieren und diese auszuregeln.
- Es wird die Verwendung eines Encoders (typ. 500 - 2000 cpt.) und einer Motorsteuerung (wie die maxon ESCON, EPOS, oder MAXPOS Produktreihen) mit einem hohen Reglertakt und fortschrittlichen Regleralgorithmen empfohlen, um sehr schnell auf Lastschwankungen zu reagieren und diese auszuregeln.
- Reglerparameter
Eine korrekte, optimierte Konfiguration der Reglerparameter ist die Grundvoraussetzung für eine gute Drehzahlregelung und präzise Einhaltung von Drehzahlvorgaben.
Hinweise:- Zuerst die Daten des Motors und Feedback Sensors korrekt konfigurieren und danach das Regler-Tuning mit der maxon Studio Software der entsprechenden Steuerung ausführen.
- Im Falle von sehr spezifischen Anwendungsanforderungen bei Bedarf mit einem manuellen Tuning die Reglerparameter weiter optimieren.
- Reglerzykluszeiten
Kurze Zykluszeiten des Strom- und Drehzahlreglers sind eine Voraussetzung um eine schnelle Reaktion auf externe Einflüsse am Motor oder die Motorcharakteristik ausgleichend zu reagieren.
Hinweis:
- Moderne Motorsteuerungen (wie maxon's ESCON, EPOS4, oder MAXPOS Produktreihe) mit hohen Abtastraten des Strom- und Drehzahlreglers verwenden.
- Moderne Motorsteuerungen (wie maxon's ESCON, EPOS4, oder MAXPOS Produktreihe) mit hohen Abtastraten des Strom- und Drehzahlreglers verwenden.
- Kommutierungsart
Bei Einsatz von bürstenlosen DC (= EC) Motoren kann der Drehmoment-Ripple innerhalb einer elektrischen Umdrehung der Motorwelle mit einer sogenannten "Sinus-Kommutierung" (= FOC "Field Oriented Control) eliminiert werden. Dies führt zu einem sehr gleichmässigen Motorrundlauf insbesondere bei tiefen Drehzahlen.
Hinweis:- Es wird die Verwendung eines auf der Motorwelle montierten Encoders und einer Motorsteuerung (wie maxon's EPOS und MAXPOS Produktreihen) mit Sinus-Kommutierung (= FOC) empfohlen.
- Es wird die Verwendung eines auf der Motorwelle montierten Encoders und einer Motorsteuerung (wie maxon's EPOS und MAXPOS Produktreihen) mit Sinus-Kommutierung (= FOC) empfohlen.
- Art der Kommandierung
Falls die Drehzahlvorgabe über einen analogen Sollwert oder PWM-Signal erfolgt bedeutet dies, dass bereits der Sollwert ein Rauschen aufweisen kann und nur eine begrenzte Auflösung und Genauigkeit besitzt. Die Motorsteuerung und Motorwelle folgen hierbei eventuell exakt den Schwankungen (= Rauschen) des Sollwerts.
Hinweise:
- Bei einer Sollwert-Vorgabe via analogem oder PWM Signal muss die beschränkte Auflösung und Rauschen des Signals und der Signalauswertung (typ. 12 Bit) berücksichtigt werden um die effektive Drehzahlauflösung (= Drehzahlstufen) und mögliche Drehzahlschwankungen aufgrund der Ungenauigkeit des Sollwerts bestimmen zu können.
- Falls eine sehr präzise absolute Drehzahlvorgabe erforderlich ist muss eine Bus-Kommunikation (z.B. RS232, USB, CAN, EtherCAT) hierfür vorgesehen werden.
- Reibung des Systems
Bei einem System mit konstanter Reibung wird der Motor in seiner Reaktion "gedämpft" was ebenfalls die Drehzahlstabilität verbessern kann.
Stolperfalle: Drehzahlmessverfahren!
Eine Stolperfalle ist häufig, dass der von der Steuerung im Reglertakt gemessene aktuelle Drehzahlwert (= "Velocity actual value") zur Beurteilung der Drehzahl und Drehzahlkonstanz herangezogen wird. Dies ist nicht(!) korrekt.
Der "Velocity actual value" ist ein berechneter Wert, welcher in der Regel durch die Zählung von Sensor-Impulsen pro Reglerzyklus (z.B. 1 ms) ermittelt wird. In Abhängigkeit von der Sensor-Auflösung kann der Wert in [U/Min] umgerechnet aufgrund des Messverfahrens selbst bei hoch konstanter Drehzahl massive Schwankungen aufweisen.
Ein weiteres Drehzahlmessverfahren beruht auf der Messung der Zeitspanne zwischen aufeinanderfolgenden Signalflanken des Feedback-Gebers (d.h. Encoder oder Hallsensoren). Dieses Messprinzip wird bei einigen Steuerungen teilweise für die Messung von tiefen Drehzahlen oder bei dem Einsatz niedrig auflösender Gebersysteme (wie z.B. Hallsensoren) verwendet. Obwohl das Pulslängen-Messverfahren insbesondere bei tiefen Drehzahlen oder tiefen Geberauflösungen eine bessere Genauigkeit bietet, ist auch diese Genauigkeit durch die Pulslängen-Messeinheit und Geber-Toleranzen begrenzt. Das Pulslängen-Messverfahren kann zudem bei sehr hohen Drehzahlen (d.h. kurzen Pulslängen) wiederum Nachteile gegenüber dem Pulszähl-Verfahren haben. Häufig wird deshalb der Pulszähl-Verfahren als Standard für die Drehzahlmessung verwendet.
Bei beiden Verfahren muss in der Praxis berücksichtigt werden, dass Hallsensoren bei der Montage eine mechanische Toleranz aufweisen. Hallsensoren als Feedback-Geber bringen somit (im Gegensatz zu den wesentlich präziseren Encodern) bereits ein inhärentes Rauschen bei der Messung ein, welches insbesondere bei tiefen Drehzahlen deutlich sichtbar wird. Im Falle von tiefen Drehzahlen (typ. < 1000 rpm, 1-Polpaar Motor) wird deshalb immer der Einsatz von Encodern mit einer Auflösung von mindestens least 500 Str./Umdrehung für eine verbesserte Drehzahlmessung und Regelung empfohlen.
Die meisten maxon Steuerungen bieten die Möglichkeit einen gefilterte Drehzahlwert (= sogenannten "Velocity actual value averaged") auszulesen und aufzuzeichnen. Dieser gefilterte Wert zeigt ein stabileres Verhalten und bietet eine bessere Aussage betreffend die Drehzahl der Motorwelle. Es wird jedoch auch bei den gefilterten Werten ein Rauschen sichtbar sein, da der Software-Filter so gewählt wurde, dass eine eventuell real vorhandene Dynamik oder messtechnisches Rauschen (z.B. von schlecht auflösenden Sensoren) nicht komplett geglättet wird.
Beispiel:
Bei einer Drehzahlregler-Zykluszeit von 1 ms und einem Encoder mit 500 Strichen/Umdrehung ergibt sich beim Pulszähl-Verfahren eine messtechnisch bedingte Schwankung im Bereich von +/-30 U/min. Dies ist bedingt durch den messtechnischen Effekt, dass in einem Reglertakt bereits knapp die nächste Sensor-Flanke erkannt und gezählt wird, aber diese im nächsten Reglertakt dafür nicht vorhanden ist. Der resultierende Drehzahlwert ist also im Zyklus mit mehr Impulsen um 1 inc. pro 1 ms (= 30 U/Min) höher als im nächsten Zyklus.
Zusammenfassung:
Diese Schwankungen der "Velocity actual value" entsprechen somit nicht(!) dem realen Verhalten der Motorwelle, d.h. dies sind keine echten Drehzahlschwankungen, sondern messtechnisch bedingtes "Rauschen" und der limitierten Sensorauflösung, Toleranzen der Sensorflanken und Abtastperioden und den extrem kurzen Reglerzykluszeiten zur Impulszählung geschuldet.
Tipp:
Die Beurteilung der Drehzahl und der Drehzahlkonstanz sollte nach Möglichkeit immer anhand einer prozessrelevanten Grösse der Anwendung erfolgen, z.B. schwankt die Qualität oder Masshaltigkeit des bearbeitenden Produkts, zeigt eine Pumpe ein pulshaftes Verhalten oder schwankende Durchflussrate, ...
Falls keine entsprechende geeignete Prozessgrösse vorhanden ist muss die Beurteilung entweder mit einem gefilterten Wert des "Velocity actual value" über ein längere Zeitspanne erfolgen oder einem unabhängigen Messsystem direkt an der Motorwelle.
Zusammenfassung für die Praxis
Komponenten-Auswahl:
- Wählen Sie einen Motor mit keinem oder möglichst tiefem Rastmoment.
EC-flat und EC-i motors haben teilweise ein markantes Rastmoment, welches insbesondere bei der Regelung von sehr tiefen Drehzahlen einen negativen Einfluss haben kann. - Wählen Sie einen Encoder mit einer hohen Auflösung (von mindestens 1024 Str./Umdrehung oder höher).
Der Encoder muss steif auf der Motorwelle montiert sein. Am besten wird hier eine maxon Motorkombination mit integriertem Encoder gewählt. Externe Encoder, die über Riemen, Kupplungen oder Getriebe angetrieben werden sind nicht ideal, da hier zusätzliche negative Einflüsse auf die Regelung und Motorreaktion aufgrund von Elastizitäten und des Getriebespiels vorhanden sind. - Verwenden Sie eine Motorsteuerung (wie die EPOS4) mit Sinuskommutierung bei EC-Motoren, sowie einem Bus-Interface zur Sollwertvorgabe.
Ein Encoder wie auch ein Mastersystem (PC, SPS, Microcontroller) mit einem Bus-Interface sind hierfür zwingende Voraussetzungen. - Wählen Sie eine Motorsteuerung deren Ausgangsstrom der Endstufe in der Grössenordnung dem Strombedarfs des Motors basierend auf den Drehmomentanforderungen der Anwendung entspricht. In der Praxis bedeutet dies die Motorsteuerung mit der "kleinsten" Leistungsendstufe zu wählen, die die Strom- (-> Drehmoment) und Spannungsanforderungen (-> Drehzahl) des Motors in der konkreten Anwendung erfüllen kann.
- Fügen Sie eine Last mit Trägheitsmoment (z.B. eine Scheibe) hinzu falls keine dynamischen Beschleunigungs- und Abbremsvorgänge erforderlich sind. Falls der Motor dicht am Leerlaufstrom (d.h. ohne Last) betrieben wird, kann eine zusätzliche konstante Reibung kann ebenfalls helfen, um den Motorstrom für eine präzisere Regelung zu erhöhen. Ein erhöhtes Trägheitsmoment und erhöhte Reibung kann schnellen Drehzahlschwankungen auch mechanisch entgegenwirken.
Zu beachten:
- Je tiefer die Drehzahl und / oder je tiefer die Encoder-Auflösung umso deutlicher ist ein Rauschanteil bei der Drehzahlmessung vorhanden.
Dieses messtechnische Rauschen entspricht aber in der Regel NICHT(!) den realen Drehzahlschwankungen der Motorwelle. - Was bedeutet "konstante Drehzahl" für Ihre konkrete Anwendung?
z.B.- Muss die Drehzahl innerhalb weniger Motorwellen-Gradbewegungen konstant sein?
Das heisst muss die Drehzahl bezogen auf wenige Reglerzyklen (von einigen Millisekunden) oder auf kurze Zeitintervalle basierend auf wenigen Encoder-Pulsen konstant sein? - Muss die Drehzahl bezogen auf eine komplette Motorwellen-Umdrehung (jeweils gemessen an der identischen Motorwellen-Position) konstant bleiben?
- Welche Auswirkung hat eine Drehzahlschwankung auf die Funktion oder Präzision der Maschine, des Geräts oder produzierten Güter?
- Wie kann die Drehzahl-Konstanz durch eine externe Messung oder eine Prozessgrösse der angetriebenen Maschine oder des Geräts beurteilt werden?
Das heisst gibt es Prozessgrössen, die durch die Drehzahlgenauigkeit und Drehzahlkonstanz direkt beeinflusst werden?
- Muss die Drehzahl innerhalb weniger Motorwellen-Gradbewegungen konstant sein?
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