Topic:
- Wie misst man die Stromaufnahme von Motoren, die von einer PWM-getakteten Leistungsendstufe angesteuert werden?
Ausgangslage:
Nahezu alle modernen Motorsteuerungen (z.B. auch die maxon-Produktreihen EPOS, ESCON, MAXPOS) nutzen eine sogenannte getakte PWM-Leistungsendstufe um den Motor anzutreiben, d.h. entsprechend der Betriebsart, dem Betriebszustand und dem kommandierten Arbeitspunkt mit Strom zu versorgen.
- Bei den maxon-Kontrollern wird der Motorstrom intern in der Leistungsendstufe gemessen.
- Der Motorstrom kann mit der entsprechenden Software (z.B. "EPOS Studio", "ESCON Studio", "MAXPOS Studio") angezeigt oder über das Object Dictionary (der EPOS oder MAXPOS) ausgelesen werden.
- Der gemessene Motorstrom wird bei maxon-Kontrollern nicht nur als IST-Wert für die Motorstrom- oder Drehmomentregelung verwendet, sondern auch zum Schutz der Motorwicklung vor thermischer Überlastung basierend auf dem konfigurierten "Nennstrom" und der "Thermischen Zeitkonstante der Wicklung".
- Der Motorstrom kann mit der entsprechenden Software (z.B. "EPOS Studio", "ESCON Studio", "MAXPOS Studio") angezeigt oder über das Object Dictionary (der EPOS oder MAXPOS) ausgelesen werden.
- Sofern der Motor-Kontroller eines Drittanbieters keine Möglichkeit zur Motorstrommessung oder –anzeige bietet, muss der Motorstrom extern direkt in den Motorleitungen gemessen werden.
- Die Motorstrommessung direkt in den Motorleitungen stellt spezifische Anforderungen an die eingesetzten Messgeräte und Messverfahren und ist nicht trivial.
- Die verschiedenen Möglichkeiten, typische Vorgehensweisen und die messtechnischen Voraussetzungen für solche Messungen werden in den folgenden Abschnitten erläutert.
- Die Motorstrommessung direkt in den Motorleitungen stellt spezifische Anforderungen an die eingesetzten Messgeräte und Messverfahren und ist nicht trivial.
Lösung:
Grundlagen:
- Man kann die PWM-Endstufe als eine Art elektronischen DC-Transformator, d.h. Leistungswandler betrachten. Vernachlässigt man die Leistungsverluste der Elektronik des Motor-Kontrollers und des Motors, sowie den Leistungsbedarf angeschlossener Sensoren und Aktoren, so gilt:
Die Eingangsleistung (Versorgungsspannung VCC und Versorgungsstrom ISupply)
ist gleich der Ausgangsleistung (Motorspannung UMot, Motorstrom IMot)- PIn = POut
- VCC * ISupply = UMot * IMot
- Die Versorgungsspannung VCC am Kontroller-Eingang ist konstant, aber die am Motor anliegende Spannung UMot hängt von dem aktuellen Arbeitspunkt (= Drehzahl und Drehmoment) ab. Der Motor-Kontroller regelt die Motorspannung (d.h. variiert den PWM Duty-Cycle) entsprechend der Betriebsart und der Sollwertvorgabe. Die effektiv am Motor vorhandene Spannung Umot ist immer kleiner als die am Motor-Kontroller angeschlossene Versorgungspannung VCC. Dies ist durch die zwei folgenden Faktoren bedingt:
- In Abhängigkeit vom Betriebspunkt wird die kommandierte Motordrehzahl in fast allen Fällen nur eine tiefere Spannung am Motor (-> Drehzahlkonstante des Motors) benötigen als am Motor-Kontroller zur Versorgung angeschlossen ist.
- Bedingt durch den begrenzten "Max. PWM Duty-Cycle" bei PWM-Leistungsendstufen von typisch 90-98% der Versorgungsspannung kann auch im Grenzbereich beim Betrieb mit der maximal möglichen Drehzahl nie die volle Versorgungsspannung direkt am Motor zur Verfügung stehen (siehe Spezifikation „Max. Ausgangsspannung“ des Motor-Kontrollers).
- In Abhängigkeit vom Betriebspunkt wird die kommandierte Motordrehzahl in fast allen Fällen nur eine tiefere Spannung am Motor (-> Drehzahlkonstante des Motors) benötigen als am Motor-Kontroller zur Versorgung angeschlossen ist.
- Aufgrund der Tatasche, dass die Motorspannung UMot tiefer als die Versorgungsspannung VCC ist, wird der Motorstrom IMot in der Regel grösser als der Versorgungstrom ISupply sein (-> Leistungswandler PIn = POut).
- Der Motorstrom IMot (und die Motorspannung UMot) ergibt sich aufgrund des Drehmoments und der Drehzahl des Motors, d.h. dem aktuellen Arbeitspunkt.
- Der Versorgungsstrom ISupply des Motor-Kontrollers ist kein direktes Mass für den Motorstrom IMot.
- Im Versorgungsstrom ISupply sind zudem auch die notwendigen, typisch kleinen Versorgungsströme für die Elektronik (Mikroprozessor, Speicher, …) und periphere Komponenten (Sensoren, Encoder, Aktoren, …) enthalten.
- Der Motorstrom IMot (und die Motorspannung UMot) ergibt sich aufgrund des Drehmoments und der Drehzahl des Motors, d.h. dem aktuellen Arbeitspunkt.
- Bei maxon-Kontrollern wird die interne Motorstrommessung für die Stromregelung und zum Schutz der Motorwicklung vor Überlast verwendet.
Strommessung am DC-Motor (= bürstenbehafteten Motor):
- Bei DC-Motoren kann der Motorstrom direkt in den Motorzuleitungen gemessen werden.
- Aufgrund der getakten PWM-Motorspannung muss ein "True RMS" Messgerät für die Motorstrommessung verwendet werden.
- Ein "einfaches" Messgerät mit AC- oder DC-Messbereichen wie üblicherweise im Gebrauch kann den Motorstrom nicht(!!) korrekt erfassen. Das Messergebnis eines solchen Messgeräts wird immer fehlerhaft sein.
- Wichtig:
Bitte beachten Sie die Hinweise am Ende des Artikels zu den spezifischen Anforderungen an ein "True RMS" Messgeräts zur Messung der Ströme von getakteten Leistungsendstufen.
- Ein "einfaches" Messgerät mit AC- oder DC-Messbereichen wie üblicherweise im Gebrauch kann den Motorstrom nicht(!!) korrekt erfassen. Das Messergebnis eines solchen Messgeräts wird immer fehlerhaft sein.
Strommessung am EC-Motor (= bürstenlosen Motor):
- Bei EC Motoren stellt sich zusätzlich das Problem der drei Phasen, die nicht gleichzeitig bestromt werden. Somit ist es aufwendiger den Motorstrom am laufenden Motor zu bestimmen, da eine einzelne Phasenmessung noch nicht dem Motorstrom entspricht.
- Einige Motor-Kontroller (und alle maxon Controller) haben einen analogen oder digitalen Strom-Monitor. Dies ist die einfachste Methode um den Motorstrom IMot zu bestimmen.
- Der Strom in einer Phase des EC-Motors kann mit einem "True RMS" Strommessgerät bestimmt werden. Ein Nachteil solcher Messgeräte ist jedoch häufig, dass diese meist nur eine träge Strommessung besitzen und deshalb einen stabilen Motorzustand über mehrere Sekunden voraussetzen.
- Wichtig:
Bitte beachten Sie die Hinweise am Ende des Artikels zu den spezifischen Anforderungen an ein "True RMS" Messgeräts zur Messung der Ströme von getakteten Leistungsendstufen.
- Wichtig:
- Alternativ kann der Strom mit einem Oszilloskop (anstatt eines Multimeters) in einer (oder mehreren) Motorphasen gemessen werden Dabei wird der Phasenstrom über einen Messwiderstand (z.B. 0.1 Ohm) in Serie zum Motor geführt. Die Spannung über dem Widerstand ist proportional zum Phasenstrom (U = R * I) und kann im Oszilloskop gemessen und hieraus der RMS-Motorstrom berechnet werden.
- WICHTIG: Phasenstrom ist nicht gleich Motorstrom!
Bitte beachten Sie, dass der gemessene einzelne Phasenstrom nicht den Katalogangaben bzw. dem drehmoment-erzeugenden Motorstrom IMot entspricht, da die gemessene Phase nicht in jeder Motorwellen-Position bestromt ist und somit der gemessene Phasenstrom tiefer als der Motorstrom ist.
- Bei Blockkommutierung:
Motorstrom = gemessener RMS Phasenstrom multipliziert mit 1.22 (= Wurzel (3/2)) - Bei Sinuskommutierung:
Motorstrom = gemessener RMS Phasenstrom multipliziert mit 1.41 (= Wurzel (2))
- Bei Blockkommutierung:
Allgemeine Tipps:
- Strommesszange
Eine weitere Alternative ist die Messung mit einer geeigneten Strommesszange in Kombination mit einem "True RMS" Messgerät oder einem Oszilloskop. Der Vorteil ist, dass die Motorleitung nicht aufgetrennt und auch kein Messwiderstand in die Motorleitung eingebaut werden muss. Der Nachteil ist, dass die eher teuren päzisen Strommesszangen für bis 10 A und mehr, sowie mind. 100 kHz PWM häufig kein Bestandteil der üblichen Laboraustattung sind. - Motorstrommessung bei blockierter Welle
Um eine Strombegrenzung einzustellen oder das maximale Drehmoment in bezug zum Strom zu bestimmen ist es am einfachsten den Phasenstrom bei blockierter Welle zu messen.
- Beachten Sie, dass sich die Welle in einer Position blockiert werden muss, wo der Phasenstrom ein Maximum Bei Blockkommutierung ist dies relativ einfach zu erreichen. Bei Sinuskommutierung ist dies schwieriger.
- Es ist auch bei diesen Messungen wichtig, dass nur ein "True RMS" Messgerät verwendet wird, welches die nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt.
- Beachten Sie, dass sich die Welle in einer Position blockiert werden muss, wo der Phasenstrom ein Maximum Bei Blockkommutierung ist dies relativ einfach zu erreichen. Bei Sinuskommutierung ist dies schwieriger.
WICHTIG: Voraussetzung eines True RMS Messgeräts!
- Bitte stellen Sie sicher, dass bei allen beschriebenen Messungen ein sogenanntes "True RMS" Messgerät verwendet wird.
- "True RMS" bedeutet, dass das Messgerät jede Signalform (z.B. Recktecksignal bei PWM) korrekt messen kann.
- Normale "RMS"-Messgeräte (ohne den Zusatz "True") können nur die Spannung oder Stromwerte eines sinusförmigen Signals korrekt messen (das am Ausgang einer PWM-Endstufe jedoch nicht vorhanden ist).
- "True RMS" bedeutet, dass das Messgerät jede Signalform (z.B. Recktecksignal bei PWM) korrekt messen kann.
- Bei der Motorspannung, welche durch den Motor-Kontroller erzeugt wird, handelt es sich um ein rechteckiges PWM-Signal mit Frequenzen von bis zu 100 kHz (abhängig von der Spezifikation der Leistungsendstufe des verwendeten Kontrollers).
- Bitte überprüfen Sie in dem Datenblatt Ihres "True RMS" Messgeräts, dass der gewählte Strom- oder Spannungsmessbereich für Frequenzen bis mindestens 100 kHz spezifiziert ist. Beachten Sie hierzu auf jeden Fall das Datenblatt und den konkret genutzten Messbereich des Messgeräts, weil die Anforderung von 100 kHz häufig NICHT oder NICHT in allen Messbereichen erfüllt ist.
- Viele "True RMS" Messgeräte sind nur für Strommessungen bis zu einer Signalfrequenz von 1 kHz oder 10 kHz ausgelegt. Diese Messgeräte sind für die korrekte Messung vom Motorströmen von PWM Leistungsendstufen NICHT(!) geeignet obwohl korrekteweise die Bezeichnung "True RMS" genannt ist. Die hohen von Frequenzen von bis zu 100 kHz führen zu verfälschten, unbrauchbaren Messergebnissen.
- Bitte überprüfen Sie in dem Datenblatt Ihres "True RMS" Messgeräts, dass der gewählte Strom- oder Spannungsmessbereich für Frequenzen bis mindestens 100 kHz spezifiziert ist. Beachten Sie hierzu auf jeden Fall das Datenblatt und den konkret genutzten Messbereich des Messgeräts, weil die Anforderung von 100 kHz häufig NICHT oder NICHT in allen Messbereichen erfüllt ist.
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