Thema:
- Was ist die maximal mögliche Kabellänge?
- Was muss beim Einsatz von „langen“ Kabeln beachtet werden?
Ausgangslage:
Standardkabel von Motoren und Sensoren haben häufig nur eine Länge von 30 cm bis zu 3 m. Insbesondere falls die Steuerungen in dem Schaltschrank einer Maschine montiert sind, die einige Meter entfernt oder sogar in einem anderen Raum steht, reichen die Kabellängen häufig nicht aus und müssen verlängert werden.
Lösung:
Maximale Kabellänge?
Es gibt keine allgemeingültige Antwort betreffend der maximal möglichen Kabellänge. Kabellängen bis 10 m sind in der Regel problemlos möglich falls ein paar Vorkehrungen getroffen werden. Es wurden auch schon Kabellängen von bis zu 100 m erfolgreich verwendet, falls die Installation entsprechend darauf abgestimmt ist und der Spannungsabfall auf Versorgungs- und Motorleitungen durch ausreichend grosse Leitungsquerschnitte tief gehalten wird. Bei der Inbetriebnahme sollte die Wirksamkeit der einzelnen Massnahmen nochmals kontrolliert werden.
Wichtige Massnahmen beim Einsatz von langen Kabeln
Spontan wird häufig der Spannungsabfall auf Signalleitungen und zu tiefe Signalpegel als kritischer Punkt und Problemursache vermutet. Effektiv ist dies aber meist gar nicht zutreffend weil digitale Sensorsignale (z.B. von Hallsensoren und Encodern) nur die TTL Spezifikation erfüllen müssen, bei welcher ein logisches “High” nur ein Signalpegel von grösser als 2.1 V voraussetzt. Der notwendige Signalpegel ist in der Hardware Referenz der entsprechenden Steuerung in den Kapiteln mit der technischen Spezifikation der Hallsensor- und Encoder-Eingänge festgehalten.
Auf den folgenden Seiten finden sich die wichtigsten Massnahmen, welche berücksichtigt werden sollten.
1.) Versorgungsspannung von Encodern und Sensoren
Encoder sind meist sehr eng in Bezug auf die Versorgungsspannung toleriert. Bei einer Spezifikation von 5V +/-5% ergibt sich die Anforderung nach einer minimal notwendigen Versorgungsspannung von 4.75V am Encoderanschluss für einen zuverlässigen Betrieb. Der Spannungsabfall auf der Versorgungsleitung kann bei langen Kabeln somit der effektiv kritische Faktor sein. Falls die Versorgungsspannung zu niedrig ist können Signale fehlerhaft sein oder ganz ausfallen. Die eigentliche Ursache von fehlerhaften Positionsinformationen ist dann nicht wie erwartet die Signalqualität sondern die zu tiefe Versorgungsspannung, die zu Fehlfunktionen des Gebers führt, der sporadisch keine Signale mehr abgibt.
Einer der wichtigsten Punkte und Grundvoraussetzung für den zuverässigen Betrieb von digitalen Sensoren (z.B. Encodern) ist ein ausreichender Spannungspegel der Versorgungsspannung direkt am Stecker des Sensors (und nicht nur auf Seiten der Steuerung). Die Versorgungsspannung am Sensor sollte deshalb bei langen Leitungen mit einem Multimeter oder Oszilloskop im Betrieb kontrolliert werden.
Der Spannungsabfall und die Einflüsse von hohen oder wechselnden Lasten der Versorgungsleitung können durch die Verwendung von Litzen mit grösserem Leitungsquerschnitten reduziert werden. Dicke Leitungsquerschnitte sind dabei eigentlich nur für die Versorgungsleitung und den GND-Anschluss notwendig. Der Spannungsabfall über der Signalleitung von digitalen Sensoren (wie Encodern) ist dabei, wie bereits erläutert, deutlich unkritischer.
Durch die generelle Verwendung von dickeren Litzen ergibt sich der Nachteil von weniger flexibleren, schwereren und teureren Kabeln. Kabel mit unterschiedlichen Litzenquerschnitten sind meist nochmals teurere und schwer zu beschaffende Sonderanfertigungen. Es gibt hier jedoch einen einfachen Praxistipp für eine gute und günstige Lösung:
- Versorgung und GND mit mehr als jeweils einer Litze
- Nutzen Sie ein Kabel als Verlängerung, welches mehr Litzen hat als eigentlich benötigt werden, z.B. ein Kabel mit 10 oder 12 Litzen obwohl für einen Encoder typisch nur 8 Litzen benötigt werden.
- Nutzen Sie jeweils 2 oder 3 Litzen für den Anschluss der Versorgungsspannung und GND.
Solche mehradrigen Kabel sind Standard, sehr kosteneffizient und bieten eine bessere Biegbarkeit und Flexibilität als Kabel mit einheitlich dickeren Leitungsquerschnitten.
2.) Signaltyp von Encodern
Es gilt generell die Empfehlung (unabhängig von der Leitungslänge) nur Encoder mit differentiellen Signalen (A, A\, B, B\) zu verwenden. Dies verbessert die Störfestigkeit und reduziert die Auswirkungen von Einstrahlungen von Leitungskabeln auf die Sensorsignale, welche zu einer schlechten Regelung, Fehlermeldungen und fehlerhaften Positionierungen führen können. Es besteht deshalb bei „langen“ Kabeln zwingend die folgende Anforderung:
- Verwenden Sie nur Encoder mit differentiellen Signalleitungen (A, A\, B, B\)!
Hallsensor-Signale stehen meistens nicht als differentielle Signale zur Verfügung, aber sind betreffend der Auswirkung von einzelnen Fehlimpulsen auch nicht so kritisch. Trotzdem sollte die Gefahr von Signalstörungen und deren negative Auswirkung auch bei Hallsensoren bewertet und abhängig davon mögliche Massnahmen ins Auge gefasst werden. Falls ein Risiko einer Fehlfunktion oder Fehlermeldungen durch die Steuerung aufgrund gestörter Hallsensor-Signale besteht, kann ebenfalls der Einsatz von geschirmten Hallsensor-Kabeln oder die Installation eines “Line Drivers” für die Hallsensor-Signale dicht beim Motor und eines Line-Receivers bei der Steuerung notwendig werden.
3.) Bus Schnittstellen
Falls die Anlagenverdrahtung ebenfalls verlängerte Kommunikationsschnittstellen (> 3m) zwischen der Steuerung und dem Master-System (z.B. SPS oder PC) erfordert, sollte kein USB verwendet werden. USB reagiert am Empfindlichsten auf EMV-Einflüsse und neigt zu Ausfällen und Störungen. USB ist zudem nicht für grosse Kabellängen im rauen industriellen Umfeld ausgelegt. RS232 ist unempfindlicher als USB, aber die Empfehlung ist eindeutig die Verwendung einer industrietauglichen Netzwerk-Lösung:
- Verwenden Sie CAN oder EtherCAT als Kommunikationsschnittstelle
im Falle von langen Schnittstellenkabeln oder einer „rauen“ Industrieumgebung (z.B. in Maschinen).- Beachten Sie die korrekte Bus-Topologie und Busabschlüsse im Falle von CAN
und stimmen Sie die maximale CAN Bit-Rate auf die Bus-Länge ab.
- Beachten Sie die korrekte Bus-Topologie und Busabschlüsse im Falle von CAN
- Verwenden Sie nur für den industriellen Einsatz geprüfte CAN oder EtherCAT Netzwerk Kabel.
4.) Reduktion von elektromagnetischen Störungen
Das Risiko von elektromagnetischen Störungen durch Leistungsverbraucher steigt bei langen Kabeln. Häufig ist auch die Kabelführung innerhalb der Kabelkanäle von Maschinen nicht eindeutig ersichtlich. Der Einsatz von geschirmten Kabeln insbesondere bei induktiven und getakten Leistungsverbrauchern, wie Motoren, Relais, Schütz, Pumpen, Lüfter, Leuchtstoffröhren (um nur einige Beispiele zu nennen) ist dann eine zwingende Anforderung.
- Führen Sie keine Signal- und Leistungsleitungen im selben Kabel!
Nutzen Sie ein Kabel für die Hallsensoren und ein getrenntes Kabel für die Motorwicklungen.
- Vermeiden Sie lange Flachkabel!
Flachkabel sind deutlich kritischer auf Störeinstrahlungen und besitzen selten eine Abschirmung.
- Verwenden Sie geschirmte Kabel für Leistungs- und Motorleitungen!
Schirmen Sie insbesondere die Leistungsleitungen, da diese die Störabstrahlungen verursachen. - Legen Sie den Kabelschirm mit Erdungsklemmen an beiden Kabelenden auf Erdpotential!
Nur ein grossflächig auf Erde gelegter Schirm kann Störungen ableiten.
- Versuchen Sie Motorkabel und Signal-/Sensorkabel räumlich zu trennen!
Verlegen Sie ungeschirmte Motorkabel und Sensorkabel nach Möglichkeit nicht in gemeinsamen Kabelkanälen und nicht parallel aufeinander.
Werden alle diese Massnahmen umgesetzt und die Signalqualität während der Inbetriebnahme kontrolliert und bestätigt, spricht nichts gegen den Einsatz von „langen“ Kabeln.
Weiterführende Dokumenten-Links:
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